Skripal: auffällige Zufälligkeiten

Ich habe keine Ahnung, wer den Anschlag auf die Skripals ausgeführt hat. Es mögen Russen gewesen sein, Briten, Amerikaner, Saudis, Türken, Israelis, jeweils staatliche Akteure mit Segen von oben oder auf eigene Faust handelnde Agenten, irgendwelche Kriminelle oder Parteien, die man überhaupt nicht auf dem Radar hat. Wobei ich hier Saudis, Türken und Israelis quasi der Vollständigkeit halber aufführe; meine Vermutungen gehen nicht in eine solche Richtung. Wie dem auch sei, das Verhalten der britischen Behörden scheint mir in jedem Falle höchst verdächtig. Man sagt uns nicht die Wahrheit. Siehe auch dieser frühere Beitrag.

Man muss sich dabei vor Augen halten, dass die Theorie, es handele sich um eine false-flag-Aktion, nicht mehr „Verschwörungstheorie“ ist als „Putin war’s“. Gegenüber false-flag-Theorien ist natürlich immer Vorsicht geboten, schließlich sind sie ein bequemes und immer anwendbares Mittel, Belastendes wegzudiskutieren, aber natürlich gibt es solche Aktionen. Damals, als der SPIEGEL noch ein gegenüber amtlichen Behauptungen skeptisches Medium war, hat es übrigens nicht lange gedauert, bis die Plutonium-Affäre aufflog, hinter der der BND stand. Heute können Behörden auf eine dozile Presse vertrauen, wenn sie mit ihren Aktionen im gängigen Narrativ bleiben.

Nun wird bekannt, dass die ersten Leute, die die Skripals auf der Bank fanden (und ihnen gleich erste Hilfe angedeihen ließen, sich dabei aber offenbar nicht selbst vergiftet haben), die frisch beförderte, höchstrangige Krankenschwester der britischen Armee (im Range eines Colonels, also Oberst) und ihre Tochter waren. Das kann natürlich reiner Zufall sein, aber so reiht sich in der Sache Auffälligkeit an Auffälligkeit.

Nachtrag:

  1. In diesem Bericht sieht man ein u.a. ein Bild des Hauses von Sergej Skripal. Natürlich kann man am hellichten Tag zu einem Haus am Ende einer Sackgasse wandern und sich an der Tür eines aus gutem Grund misstrauischen Menschen, der sich zu diesem Zeitpunkt mitsamt vermutlich ebenfalls misstrauischer Tochter dort aufhält und der um dergleichen Mordmöglichkeiten weiß, zu schaffen machen. Geht. Aber würde man das auch so tun?
  2. Es wäre absurd, zu glauben, „Putin“ habe Skripal einfach beseitigen wollen und dann habe man Nowitschok halt als das geeignete Mittel ausgewählt. Falls es einen Mord- oder jedenfalls Anschlagsplan von höchster russischer Seite, ob nun mit Putins Wissen oder nicht, gegeben hat, dann kann die Wahl von Nowitschok nur damit begründet werden, dass man entweder der Öffentlichkeit oder aber einer bestimmten Zielgruppe, etwa Ex-Agenten, Exiloligarchen oder wesentlichen Geheimdiensten, unmissverständlich demonstrieren wollte, dass man zu allem bereit ist, wenn man will, und sich um Konsequenzen nicht schert. Das ist immerhin denkbar und konsequent, aber ist es plausibel? Welches damit verfolgte „Kommunikations“ziel könnte die negativen Folgen rechtfertigen?Ich will diese Möglichkeit nicht gänzlich ausschließen, vor allem aus dem Grund, dass man ja nicht in die Köpfe anderer schauen kann und diese wesentliche Motive und Einstellungen haben mögen, über die man gar nichts weiß. Zuletzt machen auch höchstrangige, anzunehmenderweise kompetente Menschen gelegentlich dummes Zeug. Wäre die offizielle Darstellung des Tathergangs und weiteren Ablaufs von britischer Seite plausibel und widerspruchsfrei, könnte ich die Hypothesen „Nowitschok war eine absichtlich hinterlassene Visitenkarte“ oder „irgendwelche russischen Oberen haben sich halt blöd angestellt“ ernster nehmen.
  3. Der merkwürdig verhalten scheinende Ehrgeiz der britischen Presse, dem Fall wirklich auf den Grund zu gehen, wird vielleicht zum Teil dem Instrument der „DSMA-Notice“ geschuldet sein, mit der die britische Regierung die Presse auf vertraulichem Wege auffordert, über bestimmte Dinge nicht zu berichten. Sie kamen in der Skripal-Affäre nachweislich zum Einsatz. Offenbar sind sie rechtlich nicht verpflichtend, scheinen aber respektiert zu werden.
    Für die wenig neugierige deutsche Presse sind DSMA-Notices allerdings keine Entschuldigung.