Wird Trump die Hillary des Wahljahres 2020?

Liest man nur die deutsche und amerikanische Mainstream-Presse, bekommt man vieles nicht mit. In den Ecken des Internets, in denen sich die Klügeren und die Enthusiastischeren (zwei nur wenig überlappende Gruppen) unter den Trump-Wählern des Jahres 2016 herumtreiben, wird das Grummeln über sein, aus ihrer Sicht, Versagen in der Einwanderungsfrage immer lauter. Nicht nur, dass er nicht ernstlich versucht hat, die versprochene Mauer an der mexikanischen Grenze zu bauen, nun hat er sich zuletzt auch für mehr legale Einwanderung zur Stärkung der Wirtschaft ausgesprochen. Dies war zwar mit Einschränkung auf „merit“, aber, soweit mir erkennbar, ohne Kopfnicken in Richtung der Einwanderungsskeptiker, die den Charakter der USA bedroht sehen. Ann Coulter, eine wichtige Figur auf der amerikanischen Rechten und eine der einflussreichsten Unterstützerinnen von Trump bei der letzten Wahl, hat sich schon länger sehr enttäuscht geäußert, zuletzt hier.

Ich gehe davon aus, dass Trump für diesen entscheidenden Teil seiner bisherigen Wähler 2020 nur noch das kleinere Übel sein wird, so wie Hillary es zuletzt für viele zu den Demokraten neigende Wähler war. Gleichzeitig gibt es gerade bei diesen bisherigen Wählern eine deutliche Skepsis gegenüber Big Business, besonders im eCommerce und Internet-Bereich, und durchaus ein gewisses Verständnis für redistributive und den Kapitalismus zügelnde Politikansätze, und zwar nach meinem Eindruck in zunehmendem Maße. Man ist nicht sozialistisch, aber das Wort „Sozialismus“ hat dort nicht für alle den bei Konservativen und Libertären traditionell üblichen Schimpfwortcharakter. Daher schlägt beispielsweise einem Bernie Sanders von dieser Seite zwar Skepsis, aber wenig Feindseligkeit entgegen.

Hinzu kommt bei vielen die Enttäuschung über die Außenpolitik, insbesondere die bedingungslose Unterstützung Israels und den Konfrontationskurs gegenüber Iran. (Irgendwelche vermeintlichen und tatsächlichen sonstigen Skandale spielen m.E. dabei keine Rolle).

Trump wird 2020, falls er antritt, also unter Hillarys Kernproblem leiden: einer Begeisterungslücke. Ihn nicht zu wählen, wird für etliche auf der Rechten ein Akt des Protests gegen die Nichteinhaltung von Trumps Wahlversprechen sein. Ob er es dennoch schafft, wird vor allem davon abhängen, wen die Demokraten letztlich aufstellen. Da ist noch alles offen. Die Demokraten haben sich in letzter Zeit deutlich nach links und von ihrer weißen Stammwählerschaft wegbewegt, was sich insbesondere personell bemerkbar machte mit Akteuren wie Alexandria Octavio-Cortez und Ilhan Omar. Interessant wird dabei insbesondere, ob unter amerikanischen Juden, die bisher in überwältigender Mehrheit die Demokraten mit Wählerstimmen unterstützt haben (mit Stimmen und Spenden), langsam Absetzbewegungen in Gang kommen. Gerade die jüngsten Kontroversen um Äußerungen von Ilhan Omar und Rashid Tlaib zu Israel könnten manchen Juden signalisieren, dass ihr Einfluss bei den Demokraten als Folge der Migrationspolitik schwindet und dass ihre Interessen bei den Republikanern vielleicht besser aufgehoben sind. Solche Äußerungen wären für weiße Politiker bisher fast undenkbar gewesen und einem politischen Selbstmord gleichgekommen. Nun werden sie vom demokratischen Establishment zwar bekämpft, zugleich aber wird erkennbar, dass die Machtverhältnisse in dieser Frage nicht mehr so eindeutig sind.

Ebenso war Trump 2016 bei Latinos und Afroamerikanern – auf niedrigem Niveau – erfolgreicher als seine republikanischen Vorgänger und scheint seine Position in beiden Gruppen weiter zu verbessern. Zuletzt werden ihm vielleicht noch einige Stimmen von eher „liberal“ Weißen zuwandern, die von der zunehmenden antiweißen Stimmung und Politik auf der linken Seite abgeschreckt werden.

Insgesamt denke ich jedoch, dass die schwindende Unterstützung durch seine Kernwähler das bedeutendere Phänomen sein wird.

 

 

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