Vatikan: Es gibt nur die Flucht nach vorn

Die katholische Kirche, speziell der Vatikan, hat nicht in erster Linie ein Pädophilenproblem, sondern ein Problem mit offiziell abgelehnter und inoffiziell exzessiv ausgelebter Homosexualität. Das Personal ist zu großen Teilen homosexuell, was angesichts des Zölibats nicht verwundert, und hat dadurch die Gelegenheit und die Macht zu einem entsprechenden Lebenswandel. In Verbindung mit einer unvermeidlichen Kultur der Heimlichkeit, Heuchelei und Lüge hat sich eine Situation herausgebildet, in der Belästigung, Machtmissbrauch, Pädophilie und Prostitution an der Tagesordnung sind.

Gerade ist ein Buch des schwulen französischen Journalisten Frédéric Martel erschienen, In the Closet of the Vatican: Power, Homosexuality, Hypocrisy (französischer Originaltitel: Sodoma, anscheinend noch keine deutsche Übersetzung), das als Ergebnis jahrelanger Recherche das Ausmaß der sexuellen Korruption insbesondere im Vatikan detailliert. Der sehr bekannte schwule amerikanische Journalist/Blogger Andrew Sullivan hat es kommentiert

Es scheint mir offenkundig, dass das System nicht entlang der bisherigen offiziellen Moral und Lehre reformierbar ist. Man kann nicht bis zu (angeblich) 80% des Personals des Vatikans verordnen, andere Menschen zu werden. Selbst, wenn er es wirklich will, wird Franziskus innerhalb der bisherigen Logik nicht mehr erreichen können, als die gröbsten Exzesse zu bekämpfen.

Es gibt nur m.E. nur einen Weg, die Flucht nach vorn: Vollständige Akzeptanz von Homosexualität auch der Priesterschaft, Abschaffung des Zölibats und dazu vermutlich auch die Aufnahme weiblicher Priester, dazu realistische und erfüllbare Regeln zur Sexualmoral. Nur dann wird sich das Problem irgendwann auswachsen. Aber auch das könnte Franziskus, selbst wenn er es wollte, nicht so einfach durchsetzen, dazu steht zu viel uraltes Dogma im Weg. Im übrigen ist seine Macht ja begrenzt. Ich verfolge seine Handlungen unter diesen Gesichtspunkten mit Interesse.

In diesem Zusammenhang: In Australien wurde im vergangenen Dezember ein Kardinal wegen Missbrauchs von Minderjährigen verurteilt.

 

Skripal – ein alternatives Szenario

Ein mir anderweitig bisher nicht bekannter Blogger, Michael Anthony, entwickelt ein Szenario, in dem der Anschlag auf die Skripals eine false flag-Aktion des MI6 war. Das ist spekulativ und nicht unbedingt nüchtern, sondern mit einer gewissen Leidenschaft vorgetragen. Es erscheint mir angesichts der vielen Lücken, Widersprüche und Merkwürdigkeiten in der offiziellen britischen Version jedoch leider kein bisschen weniger plausibel als diese.

P.S.: Der Post enthält die erste plausible Theorie zu der Merkwürdigkeit der später in irgendeinem Mülleimer gefundenen (Nachtrag zur Klärung: in Cellophan verpackten) Parfümflasche mit Nowitschok. Das war eine Nuss, an der ich lange geknackt habe. Jemand habe den Skripals diese Flasche untergejubelt, Papa Skripal sei aber misstrauisch geworden und hat sie selbst am anderen Ende der Stadt entsorgt. Absolut keine zwingende Erklärung, aber immerhin eine mögliche, und die Flasche schreit ja auch nach einer.

Wokescold

Ein wunderbares Wort, für das man unbedingt eine gute, griffige Übersetzung finden muss. Rod Dreher zitiert in seinem Post Life Among the Wokescolds zwei Professoren mit ihren Ansichten über ihre Elitestudenten. Ein Blick in die Zukunft der westlichen Welt, denn bei uns wird es nicht viel anders sein.

Wenn sie sogar Scott Alexander holen kommen…

Scott Alexander von slatestarcodex.com habe ich schon mehrfach als den besten Blogger der Welt gelobt. Nun, natürlich kenne ich bei weitem nicht alle Blogger, ich erlaube mir diese Behauptung aber einfach. Vielleicht stimmt sie sogar. Er ist so intelligent, kreativ und produktiv, dass man nur neidvoll und bewundernd zu ihm aufblicken kann. Dabei ist er so gewissenhaft fair und intellektuell redlich, dass man schon sehr fanatisch oder sehr dumm sein muss, um ihn persönlich anzugreifen.

Scott Alexander würde ich, was seine Positionen angeht, als ziemlich normalen liberal einordnen. Ungewöhnlich ist er eben durch seine Bereitschaft, Probleme rational zu durchdenken und Gegenpositionen bzw. -argumente fair einzubeziehen.

Nun hat er beschrieben, wie er ein von ihm mit moderiertes subreddit-Forum schließen lassen musste, weil Leute begonnen haben, ihn im Netz und vor allem sogar im Privatleben dafür zu mobben. Die Leute, die das taten, kommen aus der linken Ecke, das heißt, sie vertreten Positionen, die wir heute als links verorten. Alexanders Vergehen war vor allem, wie üblich, nicht genug für den Kampf gegen Rechts getan zu haben (mal in deutschen Kategorien beschrieben). Damit war er Nazi etc.

Letztlich aber spielt die politische Verortung der Angreifer für mich gar keine so große Rolle. Wären die kulturellen und gesellschaftlichen Machtverhältnisse anders, würde der Menschentyp, der sich so verhält, vielleicht als rechter Mob auftreten und Kommunisten jagen. Die Ideologie liefert in erster Linie Vorwand und Rechtfertigung, Obsessionen, Machtrausch und Sadismus auszuleben. Es ist allerdings ein Versäumnis der Linken, hier wie in den USA, solche Leute zu ermutigen, und sei es ungewollt durch Nazi-Obsessionen.

Wie von slatestarcodex.com zu erwarten, ist der recht lange Post nicht einfach ein langes Lamento, sondern gehaltvoll und lesenswert. Ich empfehle, die Zeit einmal zu opfern.

 

Tweet des Tages 23.2.2019

Jon@Arfmeasures habe ich hier schon einmal als den lustigsten mir bekannten Twitterer vorgestellt. Nun empfiehlt er eine Reihe lustiger weiblicher Kollegen. Sie müssen alle gut sein, denn er muss es wissen.

2. Schätzchen des Tages 23.2.2019

Da ich neulich nach Musik aus Bangladesch und West-Bengalen stöberte, serviert mir Youtube derzeit viele Vorschläge aus dieser Region. So stolperte ich über das unten folgende Video mit einem sehr hübschen Lied und der ganz wundervoll erzählten Geschichte eines schüchternen Flirts zwischen einem Hochzeitsfotografen und einer Brautjungfer (oder einfach einer Freundin der Braut).

Die Credits kann ich nicht recht zuordnen, unter dem Video steht jedenfalls das Folgende:

Maya Lagaise | Helal | Habib Wahid | Shah Abdul Karim | Bangla New Song 2019

Soweit ich das recht verstehe, ist das Video aus West-Bengalen, also Indien, nicht Bangladesch. Es macht mir wieder richtig Lust auf das Land. Bei meinen bisherigen Reisen dorthin sind mir (neben vielen anderen natürlich) zwei Dinge aufgefallen:

  • Ich habe in Indien nie wirklich schlechte Musik gehört, nie und nirgends. Es gab uninteressanten, belanglosen Pop, sicherlich, aber nichts, das wirklich blöde und lästig gewesen wäre.
  • Essen wird einen eher vergiften, als dass es schlecht schmeckt. Selbst das mit Linsenpaps befüllte Chapati am Straßenrand für 15 Cents schmeckt gut. Man mag hinterher eine Woche im Bett verbringen, aber es schmeckt gut.

Schätzchen des Tages 23.2.2019

Johann Baptist Vaňhal (Jan Křtitel Vaňhal, 1739 – 1813) ist einer jener zahllosen wirklich guten Komponisten, die viel bekannter wären, hätte es Mozart nicht bis immerhin 35 geschafft.

Sein Konzert für Kontrabass Es-Dur, hier gespielt von Zsolt Fejérvári und dem Budapest Festival Orchestra unter Gábor Takács-Nagy, kommt auch jenen gelegen, die heute mal der Ruhe pflegen. (Zugabe: Das Menuett aus der Cello-Suite No. 1 von JS Bach).

In dieser Aufnahme gefällt mir der Kontrabass (Rinat Ibragimov) noch besser, allerdings ist sie nur mit Klavierbegleitung (Catherine Edwards).

Von Vanhal kommt noch etwas die nächsten Tage.

 

 

 

 

Warum die Deutschen nicht anbaggern – Pourquoi les Allemands ne draguent-ils pas?

Bei der ganzen Aufregung um metoo und alltägliches tatsächliches oder vermeintliches männliches Fehlverhalten wurde in Deutschland meist übersehen, dass man als Frau hierzulande im internationalen Vergleich ziemlich in Ruhe gelassen wird, jedenfalls von Biodeutschen.

Das hat natürlich zwei Seiten. Ich erinnere mich an die Worte einer Italienerin, wenige Tage, nachdem sie sich für einige Zeit in Berlin niedergelassen hatte:

„Oh, ist das toll hier, ich kann mich ins Café setzen und niemand quatscht mich an.“

Zwei Wochen später hieß es:

„Mann, ist das langweilig hier, ich sitze stundenlang im Café und niemand redet mit mir.“

Eine ähnliche Entwicklung wird auch in dem untenstehenden hübschen französischen Video skizziert. Frau kommt nach Berlin und durchläuft drei Phasen:

  1. Genial, hier gibt’s keine lästigen Typen
    ca. 6 Monate später:
  2. Was ist eigentlich los, stimmt was nicht mit mir, bin ich nicht attraktiv genug?
  3. *Wendet sich anderen Berliner Franzosen zu* (Original „se rabattent sur“, also vielleicht auch „begnügen sich mit“)

Der Passivität und Zurückhaltung der deutschen Männer wird dann noch weiter auf den Grund gegangen, aber für mehr Übersetzung bin ich heute zu faul.

 

 

Liste der Hate Hoaxes in der Trump-Ära

Die Smollett-Geschichte war schon von den Umständen her völlig unplausibel, wurde aber dennoch geglaubt. Einerseits, weil man es wollte, andererseits, weil viele sicherlich die ursprünglichen Tatarenmeldungen zu anderen rassistischen/antisemitischen Vorfällen gelesen hatten, aber die Auflösung als Hate Hoax dann nicht mehr. Die Auflösung wurde ja jeweils, wenn überhaupt, außer im Falle von Smollett mit nicht einmal einem Zehntel der medialen Aufmerksamkeit bedacht wie die Originalmeldung. Um dem abzuhelfen, hat die New York Post eine hilfreiche Liste solcher Fälle in der Trump-Ära erstellt.